OPC UA im System DBMAS der DB Netz AG

Standardisierung der Kommunikationsstrukturen in den Meldesystemen der Deutschen Bahn

Hintergrund

PhoenixDas System DBMAS (DB-Meldeanlagensystem) wurde 2009 von der DB AG als neue, standardisierte Lösung für die Fernsteuerung und -überwachung von Gefahrenmeldeanlagen und weiterer betrieblich relevanter Infrastruktureinrichtungen ausgeschrieben. Zu den anzuschaltenden Anlagen zählen u.a. Heißläuferortungsanlagen im Gleisbereich, Windmeldeanlagen auf Brücken und Dämmen oder auch Sicherheitseinrichtungen von Eisenbahntunneln.

Ein Fokus bei der Konzipierung des DBMAS liegt auf der Standardisierung der Kommunikationsschnittstellen. So wurde das Fernwirkprotokoll IEC 60870-101/104 als obligatorische Schnittstelle von der DBMAS Zentrale zu den angebundenen Anlagen, der sogenannten Feldebene, definiert. Für alle weiteren Systemschnittstellen wurde die Offenlegung des Protokolls gefordert.

Die Firma SST (Signal & System Technik), jetzt umfirmiert in voestalpine SIGNALING Siershahn GmbH, bekam den Zuschlag für die Realisierung des DBMAS.

Aufgabenstellung

DBMAS sollte auf Basis des bereits existierenden Produktes CMS (Central Monitoring Solution) der Firma SST realisiert werden. Das CMS ist ein plattformunabhängiges System, das durch seine Modularität sehr flexibel skalierbar ist und Informationen aus verschiedenen Systemen der Fahrweg- und Fahrzeugdiagnose zusammenführt. Insbesondere sollte die bestehende, auf proprietären Protokollen basierende Client-Server-Kommunikation auf eine standardisierte Kommunikationsstruktur mit unter anderem folgenden Anforderungen migriert werden:

Die Kommunikation musste IP-basiert sein, das Protokoll musste auch bei niedrigen Bandbreiten (zum Teil weniger als 64 kbit/s) effektiv funktionieren. Eine verschlüsselte Übertragung sollte prinzipiell möglich sein. Außerdem sollten die komplexen Informationsstrukturen des Systems modelliert bzw. übertragen werden können. Da die übertragene Information zumindest teilweise sicherheitskritisch ist, und sehr zeitnahes Handeln der Bediener erfordert, musste eine Quasi-Echtzeitkommunikation möglich sein. Zudem sollte das Protokoll möglichst standardisiert im Sinne einer Norm sein. Um das Protokoll in bestehende Softwarelösungen zu integrieren, sollten die Schnittstellen in C++ implementiert werden können.

Lösung

SST hatte bereits bei der Standardisierung der Kommunikation mit Zugdiagnosesystemen erste, gute Erfahrungen mit dem seinerzeit noch sehr neuen Standard OPC-UA gesammelt. Somit war OPC-UA der bevorzugte Kandidat für die Client-Server Kommunikation im DBMAS.

Nach der Evaluierung weiterer Optionen und einem proof-of-concept mittels einer Testimplementierung wurde dann gemeinsam von SST und der DB Netz AG entschieden, die Client-Server Kommunikation im DBMAS mittels OPC-UA zu realisieren, da OPC-UA alle Anforderungen erfüllte. Es wurde ein OPC-UA Informationsmodell erstellt, in dem die komplexen Datenstrukturen verschiedenster Diagnoseinformationen abgebildet werden konnten. Die Daten werden hocheffektiv mittels UA-TCP Binary Protokoll übertragen, wobei auch in Netzen mit geringer Bandbreite durch den UA-Subscription-Mechanismus exzellente Reaktionszeiten erreicht werden.

OPC UA Hintergrund

OPC Unified Architecture

  • plattformunabhängig
  • skalierbar
  • zuverlässig
  • sicher
  • flexibel objektorientiert modellierbar
  • IEC 62541 standardisiert

Die OPC-UA-Spezifikation definiert eine serviceorientierte Architektur (SOA), die plattformunabhängig ist und die funktional die „klassischen“ OPC-Funktionen wie Datenzugriff (Data Access), Meldungen und Signale (Alarms & Events), sowie historische Daten (Historical Data Access) vereinigt. Die OPC-UA-Kommunikations-Stacks sind in ANSI C/C++, Java und .NET implementiert und bilden die Basisprotokolle zur TCP/IP-basierten Netzwerkkommunikation ab. Zusätzlich sind Nachrichtensignierung und -verschlüsselung sowie Authentifizierung und Autorisierung über X.509-Zertifikate bereits im Standard enthalten.

Die wesentlichste Eigenschaft von OPC-UA ist die intensive Unterstützung der Modellierung von Informationen. Informationseinheiten (Nodes) und deren Beziehungen untereinander (References) folgen einem objektorientierten Designparadigma. Somit kann jede Art von Daten selbst, aber auch ihre Metainformation semantisch beschrieben und generisch abgebildet werden.

Eingesetzte Produkte von Unified Automation

Von voestalpine SIGNALING Siershahn verwendete Produkte

  • C++-basiertes OPC UA SDK
  • UaModeler
  • UaExpert

Zur einfachen Übermittlung von Statusinformationen innerhalb des DBMAS wurde OPC-UA lediglich im Umfang von „Data Access“ benutzt. Hierbei werden Statusinformationen vom Client abonniert und lediglich bei Änderung gemeldet. Dies reduziert die Last bei geringen Bandbreiten. Zur Erzeugung von benutzerspezifischen Meldungen wurde das OPC-UA Condition Framework intensiv genutzt. Hierzu wurde mit dem „UaModeler“ ein Informationsmodell entworfen und neue, eigene Alarmtypen inklusive der entsprechenden Conditions und Subconditions generiert. Das „C++-basierte OPC UA Client Server SDK Bundle“ stellt das Toolkit bereit, in dem alle UA-spezifischen Implementierungen enthalten sind, und in das die mit dem UaModeler erzeugten Informationen leicht eingebunden werden können. Somit können OPC-UA Server und Clients mit äußerst geringem Zeitaufwand entwickelt werden. Als Testtool wurde der kostenfreie UaExpert, ein generischer Referenzclient, verwendet, der mit seinem Pluginkonzept u.a. Daten- und Alarmansichten auf beliebigen Informationsmodellen erlaubt.

Über DB AG

Die Deutsche Bahn AG ist ein Verkehrsunternehmen mit Sitz in Berlin und hat über 1000 Tochterunternehmen. Die bekanntesten Tochterunternehmen im Schienenverkehr sind DB Regio (Personennahverkehr), DB Fernverkehr (Personenfernverkehr) und DB Schenker Rail (Schienengüterverkehr). Die DB Netz AG, mit Sitz in Frankfurt, ist das Eisenbahninfrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn und betreibt mit ca. 33.000 km Länge das größte Schienennetz Europas.

Über voestalpine SIGNALING

voestalpine LogoVoestalpine SIGNALING Siershahn GmbH (vormals SST GmbH) ist als Systemlieferant und Dienstleister kompetenter Partner der Bahnen und spezialisiert auf Betriebssicherheit und Wartung. Die Kernkompetenz liegt in der Entwicklung von Systemen zur Fahrweg- und Fahrzeugdiagnose für den Schienenverkehr sowie Leitstellen und den damit verbundenen Telekommunikationsnetzwerken